Zum Inhalt springen
Startseite » Ausstellung im Museum Leopold

Ausstellung im Museum Leopold

Otto Franke, Professor für Eektrotechnik an der Technischen Universität Wien, hatte bei den Studenten den Spitznamen „Elektronen-Papst“. Eine Fotografie seines Sohnes Herbert aus den fünfziger Jahren.

Ludwig Wittgenstein gilt als einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, dessen Werk Tractatus logico-philosophicus auch im Zentrum des logischen Positivismus des berühmten Wiener Kreises stand. Zu den Urvätern dieses Zirkels  der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählen die großen österreichischen Denker wie Ernst Mach, Ludwig Boltzmann oder Kurt Gödel. Ziel des Wiener Kreises war die Verwissenschaftlichung der Philosophie mit den Mitteln der modernen Logik. Damit setzten sie sich auch für den Brückenschlag von Natur- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften auf der gemeinsamen Grundlage der Mathematik ein. Mit seinen Veröffentlichungen und Konferenzen prägte der Wiener Kreis die moderne Wissenschaftstheorie.

Heute öffnet im Wiener Leopold Museum die Ausstellung Ludwig Wittgenstein. Fotografie als analytische Praxis“. Die Ausstellung befasst sich mit einer bisher weniger bekannten Facette des Lebenswerks des Philosophen: mit dem Künstler und Fotografen Wittgenstein, der sich zudem mit ästhetischen Fragen befasste. Im Fokus der Ausstellung stehen Wittgensteins eigene, bisher zum Teil unveröffentlichte Fotografien sowie seine theoretischen Überlegungen. Diese setzen die beiden Kuratoren Verena Gamper und Gregor Schmoll auch in Bezug zu Werken zeitgenössischer Künstler. Einer dieser Vertreter ist Herbert W. Franke mit seinem fotografischen Frühwerk aus den fünfziger Jahren. „Bei Wittgenstein finden sich unter anderem Überlegungen für eine wissenschaftlich experimentelle Fotopraxis, bei der mittels direkter Übertragung von Lichtpunkten auf fotografische Platten eine Art Vektorgrafik erzeugt wird.

Herbert W. Franke: Oszillogramme (1954-58)

Frankes gesamtes Werk mit dem Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Kunst steht in der Tradition des Wiener Kreises. Er studierte in Wien am ehemaligen Lehrstuhl von Ludwig Boltzmann theoretische Physik. Sein philosophisches Rigorosum, das damals an der Wiener Universität für Studierende der Physik vorgeschrieben war, legte er bei dem Wissenschaftstheoretiker Victor Kraft ab, selbst noch ein Mitglied dieses wissenschaftlichen Zirkels, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weit über die Grenzen Österreichs hinaus die Denkwelt der Wissenschaft prägte. Sie findet sich in Frankes künstlerischen Arbeiten wie den theoretischen Überlegungen der Informationsästhetik, und ist ebenso in seinem umfänglichen literarischen Werk zu erkennen: mit der kritischen Auseinandersetzung des Spannungsfeldes des Individuums auf der einen Seite und mit Staat, Gesellschaft sowie dem wissenschaftlich-technologischen Komplex auf der anderen.

Im Leopold Museum Wien wird ein Werkbeispiel aus der Serie Oszillogramme  (1954-58) gezeigt. Es entstand mit einem selbst gebauten Analogrechner, dessen Schwingungen auf einem Oszillographen visualisiert und dann mit einem bewegten Fotoapparat bei offener Blende fotografiert wurden. Die Oszillogramme gehören damit zu den frühesten Beispielen algorithmischer Maschinenkunst von Herbert W. Franke.