3. – 4. Juli 2024 – Akademie der Künste, Berlin
Mit über 50 Ehrengästen, deren Werke 70 Jahre generativer Kunst geprägt haben
3. und 4. Juli 2024 – 9:30 – 18:00 Uhr
Akademie der Künste Berlin, Hanseatenweg
Konferenz zur Geschichte der generativen Kunst 1954 – 2024
Konferenztag 1: „The Hall of Fame“
Das englischsprachige Programm des ersten Konferenztages – die „Hall of Fame“ – steht ganz im Zeichen der Pioniere des 20. Jahrhunderts. Dr. Stefan Gronert vom Sprengel-Museum präsentiert die Anfänge in den fünfziger Jahren mit generativen Fotografen wie Gottfried Jäger, Karl Martin Holzhäuser und Hein Gravenhorst, die auch vor Ort sein werden. Von der ersten Generation digitaler Computerkünstler sind Prof. Dr. Frieder Nake und Prof. Dr. A. Michael Noll sowie Joan Truckenbrod, Sylvia Roubaud, Prof. Dr. Hans Dehlinger und Reiner Schneeberger, Tom Mikulic and Dr. Bill Kolomyjec geladen, deren Arbeiten bis in die 1960er Jahre zurückreichen. Sie berichten als Zeitzeugen über die Anfänge einer Kunstform, die sich über Jahrzehnte weitgehend in einem Ghetto der traditionellen Kunst entwickelte. Auch die zweite Generation algorithmisch arbeitender Digitalkünstler präsentiert sich auf dem Summit, Künstler und Künstlerinnen, die in den 1980er/90er Jahren mit ihren Werken die nächste Etappe der Computerkunst begründeten: Prof. Christa Sommerer mit ihren interaktiven Installationen, Monika Fleischmann und Wolfgang Strauß, Mit-Begründer der Virtual Reality, Prof. Mechthild Schmidt-Feist mit ihrer multimedialen Netzkunst sowie Prof. William Latham, der als einer der Ersten 3D-Evolutionsmodelle und -algorithmen für organisches Leben entwickelte und sie dann für künstlerische Animationen einsetzte. Geoff Davis schließlich konzentrierte sich bereits in den 1980er Jahren voll auf den künstlerischen Einsatz von Microcomputer, die damals nur sehr wenig Rechenleistung boten. Alle Gemannten haben mit ihren Arbeiten also ganz neue Techniken für die Kunst erschlossen, manche von ihnen diese sogar mitentwickelt. Sie werden in Kurzvorträgen und Panel-Diskussionen die Frühzeit algorithmischer Kunst als Zeitzeugen erlebbar machen.
Margit Rosen, Catherine Mason und Prof. Dr. Taylor D. Grant gehören zu den wenigen wegweisenden Forschenden, die diese Entwicklungen schon seit dem 20. Jahrhundert kunsthistorisch begleiteten. Sie präsentieren unterschiedliche Perspektiven: Margit Rosen, Abteilungsleiterin Sammlungen und Archiv des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, wird das Aufkommen analoger Rechner in der Kunst beleuchten. Grant Taylor und Catherine Mason werden die Leistung der Visionäre zwischen Kunst und Technologie in einen kunsthistorischen Kontext stellen.
Anne und Michael Spalter berichten darüber, wie seit den 1960er Jahren die „Spalter Digital“ entstand, die heute mit rund 1000 Werken weltweit eine der größten Sammlungen ist der Geschichte generativer Kunst ist. Ein Vorreiter unter den Museums-Verantwortlichen ist Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, der als damaliger Direktor der traditionsreichen Kunsthalle Bremen bereits in den Nuller-Jahren des neuen Jahrhunderts die umfangreiche Computerkunst-Sammlung von Herbert W. Franke für das Museum übernahm und so zahlreiche, heute historisch bedeutende Werke für die Nachwelt konservierte. In einem Talk mit Margit Rosen wird er darüber sprechen, warum sich Museen bis heute mit der Generativen Kunst so schwertun, welche Aufgaben für Museen dringend anstehen und warum es immer schwieriger wird, die Anfänge dieser Kunstform in Museen für die Zukunft zu bewahren.
Konferenztag 2: „From Algorithms to Artificial Intelligence”
Der zweite Konferenztag beginnt mit dem Brückenschlag von Wissenschaft und Kunst. Dr. Eric de Giuli, theoretischer Physiker und Computerkünstler, wird über die wechselvolle Beziehung von Wissenschaft und Kunst sprechen und in seinem Kurzvortrag auch auf das Frühwerk von Herbert W. Franke – „Kunst und Konstruktion. Mathematik und Kunst als fotografisches Experiment“ (1957) eingehen. Dieser verband damals schon Wissenschaft und Kunst – in einer Zeit, in der C.P. Snow das bis heute populäre Schlagwort von den „zwei Kulturen“ aufbrachte. Im folgenden Talk wird de Giuly mit William Latham über die wechselreiche Rolle als Wissenschaftler und Künstler in einen Dialog treten, moderiert von Susanne Päch. Der Kryptokünstler P1xelboy beleuchtet danach die Frage, wie sich Teilchen im Einsatz von Wissenschaft und Kunst unterscheiden, ehe Dr. Jörg Stelkens mit einer Live-Demonstration davon berichtet, wie er in den neunziger Jahren an der Akademie der Künste in München eine Software zu entwickeln begann, mit der es möglich wurde, Bilder in tonale Effekte zu überführen.
Der zweite Teil des Vormittags hat die Entwicklungen von Blockchain und Web3 im Fokus. Zur Einführung dieser Session führt Susanne Päch mit Le Random und thefunnyguys sowie Peter Bauman ein Gespräch. Die Institution hat sich zum Ziel gesetzt, generative Kunst nicht nur zu sammeln, sondern auch ihre historische Entwicklung seit den 1960er Jahren kunstgeschichtlich aufzuarbeiten. Der Talk wird einen Überblick über die jüngste Geschichte der generativen Kunst geben.
Der schwedische Künstler Jonas Lund gehört zu den bekanntesten Künstlern in der Blockchain. Er betreibt sogar eine eigene DAO, also eine Decentralized Autonomous Organisation, und hat damit seine eigene Krypto-Währung geschaffen. Mit ihr kann man Lunds Werke kaufen und erhält damit zudem das Recht, bei bestimmten künstlerischen Entscheidungen aktiv mitzuwirken. Lund spricht darüber, wie der Mensch durch solche Entwicklungen seiner Meinung nach zunehmend in eine immaterielle Welt hineinwachsen wird. Eine gegenläufige Entwicklung in der generativen Kunst ist allerdings auch zu erkennen. Sie steht im Mittelpunkt einer Podiumsrunde unter der Führung der Kuratorin und NFT-Expertin Anika Meier, die sich mit den Künstlern Marcel Schwittlick, Travess Smalley und Stefano Contiero darüber austauscht, warum etliche digital arbeitende Künstler den Weg aus der digitalen Welt zurück ins Traditionelle finden und ihre Werke als Prints produzieren.
Dank der einfachen Handhabung digitaler Tools wurde die technologische Herausforderung für die digitale Kunstproduktion im 21. Jahrhundert minimiert. Eine große Zahl von Künstlern nutzt heute die Blockchain, um Werke anzubieten. Das führt zu einem harten Konkurrenzkampf um Sichtbarkeit im Netz. In der Moderation von Clara Herrmann, Leiterin der Jungen Akademie der Künste Berlin, diskutieren die Künstlerin Anna Lucia, der Architektur-Doktorand Alexander Grasser sowie Bernhard Nessler von der Künstler-Gruppe CryptoWiener. Sie sprechen auch darüber, wie junge Vertreter der generativen Kunst in einer Welt digitaler Bilderflut Aufmerksamkeit für ihre Arbeiten erzielen können.
Den Nachmittag eröffnet die Konferenz mit einem Talk, in dem Julia Schicker mit Aleksandra Jovanic sowie Jeff Davis diskutiert, Künstler und gleichzeitig führender Manager bei Art Blocks, der führenden Kunstplattform in der BlockchaJn. Sie werden unter anderem darüber sprechen, welche Aufgabe den Blockchain-Plattformen für die Kunst heute zukommt. Deren Zahl war in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Doch im Lauf des letzten Jahres stellten einige dieser Plattformen ihren Betrieb wieder ein. Warum ist das so und gibt es eine Krise dieser Plattform-Betreiber? Darüber tauscht sich Anika Meier im Anschluss unter anderem mit Ciphrd, Gründer der Kunst-Plattform fxhash, sowie mit Wassim Z. Alsindi, Mitgründer des Cryptoeconomic Systems Iournal und Konferenz-Serie beim MIT.
Der letzte Teil des Tages ist der Kunst rund um die Künstliche Intelligenz gewidmet. Sabine Himmelsbach, Kunsthistorikerin und Direktorin des HEK (Haus der elektronischen Künste) in Basel, wird zur Entstehung und Einordnung der KI-Kunst eine kurze Einführung geben. Anschließend diskutiert sie mit dem Robotik- und KI-Pionier Mario Klingemann und den beiden KI-Kunst-Pionierinnen Sougwen Chung und Ivona Tau über das Spannungsfeld zwischen Mensch und Maschine. Dabei werden, unterstützt von Dr. Simon Hembt, Partner der international tätigen Anwaltskanzlei Bird & Bird, auch urheberrechtlich relevante Aspekte beleuchtet. Wer ist Künstler – der Mensch oder die Maschine? Oder auch: Inwieweit kann dem Künstler eines mit KI geschaffenen Werkes, deren Algorithmen aus der Analyse von Werken anderer Künstler entstehen, überhaupt noch ein Urheberrecht zugesprochen werden? Und ist es zudem urheberrechtlich zulässig, dass KI-Entwickler im Netz veröffentlichte, urheberrechtlich geschützte Werke für die Lernphase solcher Algorithmen nutzen? Viele Fragen, die in der Kunstwelt heute kontrovers diskutiert werden.
Nach diesem Talk wird Operator, ein weltweit bekanntes und vielfach preisgekröntes Künstlerduo, in ihre Gedankenwelt cross-medialer Performance führen, ehe Cathrine Mason und Sasha Stiles darüber sprechen, wie Poesie und Künstliche Intelligenz zu einer kreativen Einheit finden. Der letzte Talk der Konferenz widmet sich der Frage, ob und wie sich die seit Jahrzehnten weitgehend voneinander getrennt entwickelnden Künstlerwelten – die Welt traditionell arbeitender Kunstschaffender, und die der technoid geprägten generativen Kunst– versöhnen lassen und zusammengeführt werden könnten. Dazu spricht Susanne Päch mit der mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Ana Maria Caballero und dem Kryptokunst-Pionier Aaron Penne, Gründer des Generative Art Club mit mehr als 400 Mitgliedern. Als spektakulärer Schlusspunkt der Konferenz wird Harry Yeff, der Szene besser bekannt als Reeps1 und vom Economist als „Champion einer neuen Welle von Künstlern“ bezeichnet, eine Präsentation mit Performance geben, die die menschliche Stimme in den Mittelpunkt stellt und mit Hilfe unterschiedlicher Technologien sowie dem Einsatz Künstlicher Intelligenz ein außergewöhnliches Klangerlebnis schafft.
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