Hintergrundinformation zur Geschichte eines Kunststils
Bei der generativen Kunst handelt es sich um eine Kunstrichtung, bei der das physische Werk seine dominante Rolle verliert und stärker der Entstehungsprozess von Bildstrukturen selbst in den Mittelpunkt rückt. Dabei haben diese Künstler auch neue technische Werkzeuge für ihre Arbeit erschlossen: von der Fotokamera über den Computer bis zur Künstlichen Intelligenz. Ein weiteres typisches Merkmal vieler generativer Werke ist die Auseinandersetzung mit wissenschaftlich relevanten Fragestellungen wie beispielsweise der Visualisierung, der Untersuchung von Wahrnehmungsphänomenen oder ganz generell der Algorithmisierung und Evolution von Prozessen. Insofern tragen generative Künstler auf unterschiedliche Weise auch zum Brückenschlag zwischen Kunst und Wissenschaft bei.
Als Vorläufer der generativen Kunst gelten Vertreter des Konstruktivismus und der konkreten Kunst– von Piet Mondrian bis Wassily Kandinsky – oder auch Lichtkünstler wie Lazlo Moholy-Nagy und zahlreiche Bauhaus-Mitglieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich daraus eine internationale Bewegung generativer Künstler, deren Werke anfangs – wie von Herbert W. Franke bereits 1957 in seinem Buch „Kunst und Konstruktion – Physik und Mathematik als graphisches Experiment“ getitelt – vor allem fotografisch und auch mithilfe analoger Rechner entstanden, ehe in den 1960er Jahren die digitale Computerkunst daraus hervorging. Damit wurde der abstrakte Programmcode endgültig das Herzstück des künstlerischen Schaffens und führte in der Medienkunst auch Bilder, Ton und Literatur zusammen.
Am Beginn der Computerkunst entwickelten die Künstler und Künstlerinnen ihre Codes in der Regel selbst, kamen also meist aus dem Lager der Programmierer oder Ingenieure. Nur wenige Künstler und Künstlerinnen wagten damals den Schritt in diese neue technologische Welt – und mussten dann zwangsläufig mit Programmierern zusammenarbeiten. Doch mit der Weiterentwicklung der digitalen Technologien ab den 1970er Jahren stand Kunstschaffenden eine extrem wachsende Zahl von Programmen zur Verfügung, um kreative Konzepte umzusetzen. Künstler erschlossen interaktive Nutzungen, begannen diese Technologien für multimediale Performances einzusetzen und öffneten in den 1990er Jahren den Weg für die Netzkunst und zum Aufbau virtueller Kunstwelten.
Seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts setzen generativ arbeitende Künstler und Künstlerinnen auch auf die Blockchain, mit der sie heute die Öffentlichkeit in großer Zahl erreichen – und die ihnen gleichzeitig einen innovativen Vertriebsweg eröffnete – außerhalb der historischen Wege über Galerien und Museen. Mit der NFT-Kunst entstand rasch ein alternativer Markt für Kryptokunst, in dem 2023 weit über 1 Milliarde € umgesetzt wurde, zwei Jahre davor sogar rund doppelt so viel. Gehört diesem Vertriebsweg also die Zukunft? – ein Thema, das auf der Konferenz zur Sprache kommen wird. Ebenso die Frage, wie sich der Schaffensprozess mit den neuronalen Netzen der Künstlichen Intelligenz verändert, die für die generative Kunst in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnt. Mit der KI-Kunst stellen sich manche Fragen um das komplexe Spannungsfeld von Mensch und Maschine in der Kunst noch schärfer, allerdings wurden sie bereits bei der Foto- und Computerkunst in den 1950er Jahren von der Fachwelt kontrovers diskutiert.
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