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„Quadrate“ (1967/69)

Das Programm Quadrate entstand erstmals 1967 an einem Rechner des Typs IBM1130 mit der Programmiersprache Fortran. Das System, ab 1967 von der TU München für das Max-Planck-Institut für Psychiatrie zum Einsatz in der Hirnforschung entwickelt und aufgebaut, wurde unter anderem über ein Interface mit einem Plotter ausgerüstet. Projektleiter am MPI war Prof. Dr. Otto D. Creutzfeldt, für die Informationstechnik verantwortlich war Dr.-Ing. Georg Färber, damals wissenschaftlicher Assistent am Institut für Nachrichtentechnik der TU München und dort später viele Jahrzehnte Ordinarius für Realzeit-Computersysteme. Er ermöglichte Franke die Nutzung der Anlage für künstlerische Versuche und schrieb den Code in Fortran.

Frankes Basiskonzept war einfach: Es sollten Bilder mit Quadraten in drei Ebenen generiert werden. Verteilung, Größe und Anzahl der Quadrate wurde für jede Ebene unabhängig durch einen Pseudo-Zufallsgenerator bestimmt, der in der 1130-Fortran-Bibliothek angeboten wurde. Das Ergebnis waren drei Schichten, die im originalen Plotter noch schwarz-weiß oder mit sehr begrenzter Farbauswahl in rot-blau-schwarz übereinander gezeichnet wurden. Franke war schon bei der Entwicklung seiner ersten digitalen Computergrafik fasziniert von den Möglichkeiten des kreativen Zusammenspiels mathematisch basierter Strukturen mit Zufallsgeneratoren. Es wurde zu einem „Leitmotiv“ seines Schaffens als Bildender Künstler, das er später auch für seine teils interaktiven und bewegten Programme an PCs nutzte.

1969 kam die Werkstatt-Edition Kroll auf Franke zu und wollte eine Serigraphie unterschiedlicher Arbeiten auflegen. Für die Serigraphie aus acht Blättern sollte auch eine Grafik des Programms Quadrate aufgenommen werden – und zwar als einziges Farbmotiv. Dafür wurde das Programm Quadrate 1969 auf einem Siemens 4004 etwas erweitert. Ein zufällig mit Quadraten gefülltes Teilraster für jede Ebene wurde anschließend mit einem Algorithmus über die Seite in unterschiedlichen Orientierungen überlagert. Franke entschloss sich zudem, für diese Serigraphie eine eigene Farbkomposition der drei Layer auszuwählen, die sich nicht an den stark eingeschränkten Möglichkeiten des genutzten Plotters orientierte, sondern auf das gesamte Farbspektrum analoger Druckverfahren zurückgriff. Er entschied sich für eine Neon-Farbstimmung in orange-pink-schwarz. 1970 gelang es der Werkstatt-Edition Kroll sogar, die Serigraphie auf der Biennale in Venedig im Deutschen Pavillon zu platzieren.

Quadrate: Original-Plot von 1967/69 (links), die Biennale-Siebdruck 1970 (Mitte), die Rekonstruktion 2021 (rechts)

2021 hat Herbert W. Franke gemeinsam mit dem Zentrum für Kunst und Medien ZKM in Karlsruhe entschieden, erstmals ein Frühwerk aus der digitalen Schaffensperiode für die Blockchain zu konzipieren. Für Franke ist dies der Einstieg in eine neue Technologie, die – wie von ihm schon in den fünfziger Jahren visioniert – das Bild an der Wand durch ein elektronisches Bild auf einem Monitor ersetzt. Zudem sollte dafür eine innovative Programmierung zum Einsatz kommen, ein sogenanntes „on-chain“ NFT: nicht nur einzelne Bilder oder ein fertiges Video werden dabei hochgeladen, wie das heute bei Blockchain-Kunst meist noch der Fall ist, sondern der Code eines kompletten Programms, aus dem heraus dann die Werke direkt in der Blockchain generiert werden. Mehr dazu in der PRessemeldung Quadrate, reloaded!