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Spende für das Gymnasium in Icking

fischertechnik-Baukästen aus dem Nachlass von Herbert W. Franke wechseln den Besitzer

Vor kurzem hat Susanne Päch, Vorstand der art meets science – Stiftung Herbert W. Franke, dem renommierten Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking den Bestand an fischertechnik-Baukästen aus dem Nachlass ihres letzten Sommer verstorbenen Ehemannes gespendet. Er hatte mit den Baukästen in den 1970er Jahren am Beginn der Computerkunst unter anderem Plotter „Marke Eigenbau“ für maschinelle Zeichnungen gebaut. Das Gymnasium im Süden von München, das derzeit rund 800 Schüler und Schülerinnen in einem humanistischen und sprachlichen sowie einem naturwissenschaftlich-technischen Zweig unterrichtet, wird diese fischertechnik-Kästen künftig für Unterrichtszwecke einsetzen. Christopher Guist, Physiklehrer am Ickinger Gymnasium, freut sich: „Für den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht an einer Schule ist es besonders wichtig, die Natur selbst zu erfahren. Aufgrund dieser großzügigen Spende können unsere Schülerinnen und Schüler im Unterricht vermehrt selbst Hand anlegen.“ Für Susanne Päch, die mit ihrem Mann seit 1980 in Puppling lebt, war es eine Herzensangelegenheit, dass die Sammlung an Kästen einer sinnvollen Verwendung zugeführt wird. „Ich hoffe, dass die Spende einen kleinen Beitrag leisten kann, Jugendlichen hier aus der Nachbarschaft Freude an der Technik zu vermitteln.“ Um die Spende abzurunden, hat die Stiftung Herbert W. Franke die jetzt übergebene Sammlung noch mit einem neuen Robotik-Baukasten von fischertechnik ergänzt.

Christopher Guist und Susanne Paech beim Fachsimpeln über einen von Frankes Plottern.
Die Übergabe der Kästen war für Susanne Päch eine Herzensangelegenheit.
Vollzug! Die Baukästen gehen nun mit Christopher Guist in das Ickinger Gymnasium.
Alle Fotos: Tanja Leikam

HINTERGRUNDSTORY

Herbert W. Frankes Kunst mit selbst gebauten Plottern aus fischertechnik

Artur Fischer ist als großer deutscher Unternehmer weltweit bekannt. Wahrscheinlich jeder hat schon einmal den berühmten Fischer-Dübel in der Hand gehabt.  Doch Arthur Fischer war nicht nur ein bedeutender Erfinder, sondern auch ein Mensch mit großem Spieltrieb, den er – wie Herbert W. Franke übrigens auch – für das zentrale Element kreativen Schaffens hielt. So entwickelte der Unternehmer ohne kommerziellen Hintergrund, sondern zum Vergnügen 1964 einen Spiele-Baukasten fischertechnik – ursprünglich nur als Weihnachtsgeschenk für die Kinder von Geschäftspartnern gedacht. Aufgrund der großen Resonanz entschied Artur Fischer schon 1965, diese Erfindung als Baukastensystem auch auf dem Markt anzubieten. Zeitlebens waren diese Baukästen, die im Markt viele Jahre eher ein Nischenprodukt waren, für Fischer eine besondere Herzensangelegenheit.

Herbert W. Franke interessierte sich sofort für dieses neue, hochqualitative Baukastensystem und nahm mit Artur Fischer Kontakt auf.  Seit dieser Zeit waren der Erfinder und der Visionär immer wieder in fachlichem Austausch, wobei Franke Fischer gleich empfahl, die Baukästen nicht nur mit einem Elektronik-Baukasten zu erweitern – der dann bereits 1968 auf den Markt kam -, sondern auch einen Baukasten für Digitaltechnik zu entwickeln, die Franke als Publizist, Science-Fiction-Autor und Pionier der Computerkunst für die bedeutendste Entwicklung der Nachkriegsgesellschaft hielt. Fischer war von dieser Idee persönlich zwar sehr angetan, es dauerte jedoch noch etliche Jahre, ehe sie im Unternehmen auch von den Marketing- und Vertriebsspezialisten unterstützt wurde.

Mit Gesprächspartnern machte Fischer gern einen kleinen persönlichen Spaß, wie Susanne Päch, die über 40 Jahre mit Franke verheiratet war, aus eigenem Erleben berichten kann: „Der Erfinder, der über 1000 Patente aufzuweisen hat, gab Menschen, die ihm gute Ideen vortrugen, als Lohn eine Münze. Soweit ich mich erinnern kann, war das damals zu Zeiten der D-Mark ein Zehnerl – ein Zehn-Pfennig-Stück. Mein Mann hat von Herrn Fischer im Lauf der Jahre etliche dieser Münzen erhalten, weil er immer wieder interessante Anregungen präsentierte.“ Um 1970 schmiedeten die beiden den Plan für eine Publikation: Franke schrieb im Auftrag der Fischer-Werke ein Jugend-Buch als Präsent für die Freunde des Hauses. 1972 kam „Kleine Erfinder – große Ideen“ dann heraus. Diese Aktivität legte den ersten Grundstein für die Buchreihe, mit der fischertechnik heute auch verlegerisch tätig ist.

Ein Plotter von Franke aus den 1970er Jahren, mit fischertechnik gebaut.

Als Ideengeber erhielt Franke von Artur Fischer seit dem Ende der sechziger Jahre immer wieder fischertechnik-Kästen zum Probieren. Franke nutzte sie gern für unterschiedliche Experimente. Franke, den die technische Perfektion des Systems faszinierte, untersuchte auch, wie er fischertechnik für seine technoiden und maschinellen Kunstexperimente einsetzen könnte. Er baute damit unter anderem mehrere elektronisch steuerbare Plotter. Mit ihnen entstanden Buntstift-Zeichnungen von Lissajous-Figuren oder Wattschen Kurven, die heute Teil des Gesamtwerkes von Franke sind – ebenso wie drei der damaligen Plotter.

Einige dieser Kalligrafien sind vor etlichen Jahren über die Sammlung Bogner sogar in das Museum für Moderne Kunst in Wien übergegangen. Franke, der das bekannte Sammlerpaar moderner Kunst aus Österreich gut kannte, schenkte ihm einige dieser Werke kurz nach der Produktion in den siebziger Jahren.

Die Ehefrau des 2022 verstorbenen Herbert W. Franke hat sich nun entschlossen, die im privaten Nachlass vorhandenen Baukästen und Bauelemente von fischertechnik dem Gymnasium in Icking für Unterrichtszwecke zu spenden. Im privaten Archiv von Susanne Päch verblieben noch die von Franke mit fischertechnik selbst gebauten Plotter.

AUS HERBERT W. FRANKES LEBENSERINNERUNGEN

Ausschnitt aus einem Manuskript im ZKM Archiv Herbert W. Franke über Kreativität. Veröffentlicht 2016, enthielt es auch persönliche Erinnerungen von Herbert W. Franke. Eine Story erzählt ein Beispiel, wie es dem Autor in den 1970er Jahren gelang, ein Zehnerl für eine gute Idee von Artur Fischer zu bekommen.

Lange Jahre hatte ich eine sehr erfreuliche Zusammenarbeit mit einem der bekanntesten deutschen Erfinder, nämlich mit Artur Fischer sen., dem Schöpfer der weltbekannten fischer-Dübel und nicht zuletzt auch des Baukastensystems der ‚fischer technik’. In seinem Auftrag schrieb ich ein Kinderbuch ‚Kleine Erfinder – große Ideen’ und wir waren uns einig darüber, dass dabei auch jene Art von Kreativität zum Zug kommen sollte, die nicht unbedingt Wertvolles im übliche Sinn hervorbringt, beispielsweise ‚Scherzmaschinen’, ‚Lärmmaschinen’ und ‚Schreckmaschinen’. Gute Ideen pflegt Artur Fischer spontan zu belohnen, und zwar durch einen Groschen direkt aus der Geldbörse. Ich erinnere mich noch, wie ich mir einen davon erwarb: Wir unterhielten uns über Verkehrsmittel, die man mit ‚fischer technik‘ bauen könnte, und Herr Fischer bedauerte, dass das leider mit Schiffen nicht möglich sei, da sich das Material der Bausteine, nämlich Nylon, schwer über Wasser halten ließe. „Man könnte luftgefüllte Schwimmkörper einbauen, um den nötigen Auftrieb zu erreichen“; meinte ich. „Aber was für Schwimmkörper sollten das sein – dazu müssten neue Bausteine entwickelt werden. Ich überlegte kurz, dann schlug ich vor: „Nehmen Sie doch Tischtennisbälle!“ Und so konnte bei der nächsten Spielwarenmesse eine Hafenanlage mit fischertechnik-Schiffen in echtem Wasser gezeigt werden.