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Computersysteme

Einstein Digital ist eine von Frankes bekanntesten Computergrafik-Serien, deren Edition aus dem Jahr 1974 vielfach veröffentlicht wurde.

Die rund 20 Fotografien sind eines der frühesten Beispiele der picture processing art. Zunächst wurde ein Schwarzweiß-Foto von Albert Einstein gescannt und der resultierende digitale Code über Lochstreifen auf Band gespeichert. Die so aufgenommenen Bilddaten wurden dann in den Bildspeicher N, ein Picture-Processing-System, eingelesen – ein damals noch in der Entwicklung befindliches Gerät der medizinischen Diagnostik. Es hatte den Zweck, Szintigramme, mit denen man die Verteilung von radioaktiven Tracer-Substanzen im Körper von Patienten sichtbar macht, durch digitale Bildtransformationen in visuell gut auswertbare Form zu bringen. An deren Stelle trat nun das Einstein-Foto, das als grobes Rasterbild auf dem Bildschirm ausgegeben und dann unter Sichtkontrolle verschiedenen iterativen Bildverarbeitungsprozessen unterworfen wurde. Die sowohl Form wie auch Farbe betreffenden Transformationen dienten in diesem Fall also nicht der medizinischen Bildoptimierung, sondern erfolgten ausschließlich nach den ästhetischen Gesichtspunkten des Künstlers. Entsprach ein Bild den Vorstellungen Frankes, wurde der Bildschirm konventionell mit einer analogen Kamera aufgenommen, da es damals noch keine Möglichkeit eines digitalen „Screenshpts“ gab. Die medizinischen Bilder wurden statt dessen gedruckt. Ein Bericht von Franke aus dem Jahr 1973 läßt die erste Entstehung der Motive auf einem Bildschirm in den Forschungslabors von Siemens wieder lebendig werden.

In der Serie Einstein Digital vollzieht sich eine zunehmende Abstraktion und Vereinfachung bis zur völligen Auflösung des Bildinhalts. Herbert W. Franke drückt damit eine Konsequenz der Einsteinschen Relativitätstheorie aus, nämlich die Auflösung unserer scheinbar konkreten sichtbaren Welt in ein abstraktes Raum-Zeit-Kontinuum. Bei seiner Methode der Bilderzeugung verwandte er eine von ihm oft eingesetzte Methode, nämlich das Instrumentarium der Wissenschaft, Technik und Medizin für Zwecke der rein ästhetischen Gestaltung zu nutzen. 

Die Bilder wurden vom Bildschirm fotografiert und wurden bei Ausstellung – neben der Neuner-Edition – auch in Form von einzelnen Vergrößerungen gezeigt. Zudem gab es mehrere Präsentationen in Überblendungsprojektion mit zwei Kodak-Projektoren und einem Überblendungsschaltgerät. In den 1990er Jahren hat der Soundkünstler Jörg Stelkens, München, eine digitale Musiksequenz für eine Überblendung komponiert.

Entstanden ist die Serie mit dem Siemens-Rechner Bildspeicher N, ein digitales Picture-Processing-System, entwickelt von Hans-Jürgen van Kranenbrock und Helmut Schenk zur medizinischen Diagnostik in den Siemens-Reiniger-Werken für Medizintechnik in Erlangen.

Einstein Digital (1974) – Video in Überblendungstechnik von Einzelbildern