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Der Weltraum-Cyborg von Franke

Ein Gedankenexperiment zur Mensch-Maschine von 1970

Der Blog von HNF – dem Heinrich Nixdorf MuseumForum in Paderborn – hat einen Artikel über die Geschichte der Cyborgs in den 1960er und 70er Jahren veröffentlicht. Das erinnerte mich an eine kuriose Story von Herbert W. Franke. Vorab: Man nannte solche Mensch-Maschinen oder Maschinen-Menschen im deutschen Sprachraum noch Kyborgs für kybernetische Organismen, eine Übersetzung, die heute nicht mehr gebräuchlich ist. Auslöser war ein Artikel, den Franke zum Thema Kyborg für das Buch „Waren die Götter Astronauten? Wissenschaftler diskutieren die Thesen Erich von Dänikens“ schrieb, herausgegeben von Ernst von Khuon. Der hatte Wissenschaftler unterschiedlicher Herkunft gebeten, zu den Thesen Erich von Dänikens Stellung zu beziehen. Für Franke ein gegebener Anlass, das Thema von einer ganz anderen Seite zu betrachten. Im gleichen Jahr veröffentliche Franke zwei Artikel zum selben Thema – einmal in der Publikums-Zeitschrift „Quick“ sowie dann in der bekannten Zeitschrift „hobby“. Zuletzt erschien noch eine Version in Englisch in der Fan-Zeitschrift für Science Fiction „Fanorama international“.

Franke stellte das Konzept für die Grundzüge eines von ihm erdachten solchen Cyborg vor. Es war die Zeit, in der er sich intensiv mit der biologisch-evolutionären Entwicklung menschlicher Sinnenorgane befasste – und zwar im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu einem rationalen Kunstmodell. „Was Menschen auszeichnet, sei sein Denken, formulierte man noch vor kurzem. Denken ist nichts anderes als ein schöpferisches und zweckmäßiges Verfahren, um Probleme zu lösen. Viele sehr komplizierte Denkaufgaben erledigt heute der Computer“.

Franke spricht sich bei solchen Mensch-Maschine-Konstruktionen für den Einsatz kontrollierter „emotionaler“ Steuerung ein. „Ein solches Wesen muss ein bestimmtes ethisches Programm erhalten, kybernetisch ausgedrückt: Es werden Sperren eingebaut für bestimmte Verhaltensweisen.“

Franke geht mit seinen Schlussfolgerungen noch etwas weiter, da sie ja letztlich eine Komentierung zu Dänickens Vorstellungen zum Ziel hatten. Er erläutert, was solche Überlegungen für die Erkundung des Weltraums, aber auch für Reisen von Aliens bedeuten. Für die unwirtlichen Bedinungen sowie die langen Entfernungen im Weltall oder auf fremden Planeten wären solche Zwitter-Wesen weitaus besser und auch gezielt anpassbar. Und daher schließt Franke den Artikel: „Sollten Extraterrestrier auf der Erde gelandet sein oder sich auf dem Weg zur Erde befinden, dann ist es keineswegs notwendig anzunehmen, dass sie sich durch ethische Bedenken, die mit den unseren vergleichbar wären, daran hindern ließen. Alles, was über die Züchtung von Geschöpfen, die der Weltraumfahrt besonders angepasst sein könnten, sowie über die Konstruktion eines Kyborgs gesagt wurde, könnte von irgendeiner Gemeinschaft von Lebewesen ohne Bedenken realisiert worden sein. Und wie es scheint, wären diese Methoden auch unbedingt erforderlich, wenn wir an Besuche von Wesen denken, die von  Gemeinschaften abgesandt wurden, welche uns Menschen im Entwicklungstand ungefähr entsprechen. Das bedeutet aber: Sollte ein Raumschiff aus fernen Bereichen des Weltraums auf unsere Erde gelangen, dann dürfen wir keineswegs annehmen, dass seine Insassen in einer Form auftreten, die ihrem Leben auf dem Heimatplaneten entspricht. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es Roboter, umfunktionierte Geschöpfe oder Kyborgs sind, mit denen wir dann Bekanntschaft machen.“

Nach den Veröffentlichungen flatterte bei Franke übrigens ein Luftpost-Brief aus den USA ins Haus: Ein Amerikaner fragte an, ob Frankes Kyborg käuflich wäre …

Susanne Päch